Ist das Einhängen von Rattenködern an einem Draht in den Kanalschacht noch zulässig?
Als Betreiber eines Abwasserkanalnetzes sind Kommunen nach § 17 Infektionsschutzgesetz (ISFG) zur Bekämpfung von Ratten in der Kanalisation verpflichtet. Zitat aus der SchädlBekV HE vom 18.5.1971: „Die Eigentümer von … Lager- und Schuttplätzen, Kanalisationen, Garten- und Parkanlagen, Friedhöfen …. sind verpflichtet, wenn sie den Befall mit tierischen Schädlingen, wie Ratten, feststellen eine Bekämpfung … durchzuführen“.
Aufgrund der neuen Zulassungsvorschriften für Nagetierbekämpfungsmittel mit blutgerinnungshemmender Wirkung kommt es bei der Planung und Durchführung von Rattenbekämpfungsmaßnahmen immer häufiger zu Irritationen. Dabei wird eine Frage lebhaft diskutiert:
Darf man Rattenköderblöcke noch offen, an einem Draht in den Kanalschacht hängen, oder muss man kostenintensive Köderschutzstationen verwenden?
Hersteller von Köderschutzstationen befeuern diese Diskussion mit unvollständig dargestellten Anwendungsvorschriften und einschüchternden Vertriebsstrategien. Involvierte Behörden und Bundesämter tragen nicht zur eindeutigen Klärung dieser Frage bei, mit dem Hinweis auf die Zuständigkeit von anderen Behörden.
Als Geschäftsführer eines regional in Mittelhessen tätigen Schädlingsbekämpfungsunternehmens, habe ich mich in den letzten Monaten um eine rechtsverbindliche Klärung dieser Frage bemüht.
Das Wichtigste zuerst, unsere Recherchen haben ergeben:
Es ist nicht verboten, zur Bekämpfung von Ratten Köderblöcke an einem Draht in den Kanalschacht zu hängen!
Auch das Umweltbundesamt (UBA) hat in seinen Erläuterungen zu den geltenden Anwendungsvorschriften (2018) festgestellt, um einen Kontakt mit Wasser zu verhindern, werden Köder entweder in wasserdichten Köderschutzstationen eingesetzt, oder die Köder werden im Kanalschacht an einem Draht oberhalb des (Ab-)Wassers befestigt. Die EU-Biozidverordnung erlaubt die Zulassung von Rattenködern zum Einhängen in den Kanalschacht.
Die Hersteller von Köderschutzstationen argumentieren, dass der Einsatz ihrer Stationen die einzige Möglichkeit darstellt, Rattenköder vor Kontakt mit Wasser zu schützen. Weder das UBA, noch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) als Zulassungsbehörde oder das vorgesetzte Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) waren bereit, uns über diese Frage eine rechtsverbindliche Auskunft zu geben, mit dem Hinweis auf die Zuständigkeit der Aufsichtsbehörden in den Bundesländern.
Als regional tätiges Schädlingsbekämpfungsunternehmen haben wir das von uns praktizierte Verfahren zur Bekämpfung von Wanderratten in der Kanalisation ausführlich dokumentiert und der zuständigen Aufsichtsbehörde beim Regierungspräsidium angezeigt. Solange die Behörde diese Vorgehensweise nicht untersagt, müssen wir davon ausgehen, dass die zuständige Aufsichtsbehörde unsere Vorgehensweise bei der Bekämpfung von Ratten in der Kanalisation ohne Köderschutzstation als regelkonform bewertet.
Auch unser Konzept zur Bekämpfung von Ratten in der Kanalisation beinhaltet eine Reihe von Maßnahmen zur Minderung des Risikos, dass rodentizide Wirkstoffe in Gewässer gelangen können, jedoch ohne den Einsatz von kostenintensiven Köderschutzstationen.
- Wir minimieren die Menge der eingesetzten Giftköder durch ein vorhergehendes Monitoring mit giftfreien Ködern.
- Giftköder werden an einem stabilen Draht einige Zentimeter über das Bankett nur in den Befallsbereichen ausgelegt.
- Wir kontrollieren die Giftköder regelmäßig in kurzen Abständen bis zur Tilgung
- Wir entsorgen alle Köder fachgerecht, die am Ende der Bekämpfung noch vorhanden sind.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung und unterbreiten Ihnen auch für Ihr Kanalsystem ein wirtschaftliches und regelkonformes Angebot zur Rattenbekämpfung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ulrich Ahrens
Infobox: Am 1.10.2021 ist die Novellierung der Gefahrstoffverordnung in Kraft getreten. Das hatte auch erhebliche Auswirkungen auf die Planung und Durchführung von Nagetierbekämpfungsmaßnahmen in der Kanalisation. Nagetierbekämpfungsmittel dürfen in Zukunft nur noch von sachkundigen Anwendern angewendet werden. Betriebe müssen bei der zuständigen Behörde anzeigen, dass sie Nagetierbekämpfungsmittel mit blutgerinnungshemmender Wirkung ausbringen wollen. Das trifft auch auf Städte und Gemeinden zu, welche die Nagetierbekämpfung auf eigenen Liegenschaften selber durchführen. Gerne beraten wir Sie über die neue Rechtslage und sind Ihnen in Zusammenarbeit mit dem TÜV Rheinland bei der Fortbildung Ihrer Mitarbeiter behilflich.